Prävention von sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt ist eine sozialpolitische Aufgabe, die im Verantwortungsbereich der Erwachsenen liegt.
Erwachsene haben die Aufgabe, sexuellen Missbrauch im Vorfeld zu verhindern und entsprechende Hilfen bereitzustellen, um die Folgen des Missbrauchs zu minimalisieren.
Die Präventionsarbeit mit Kindern ist ein wichtiger Baustein innerhalb dieser gesellschaftspolitischen Aufgabe, denn durch eine angemessene Erziehung kann in Schule und Elternhaus langfristig dazu beigetragen werden, dass ein Täter- oder Opferwerden von sexualisierter Gewalt verhindert und ein bestehender Missbrauch möglichst frühzeitig entdeckt und beendet wird.
Eine präventive Erziehung kann sich jedoch nicht auf punktuelle Warnungen und Ratschläge beschränken, sondern ist eine Erziehungshaltung, die Kinder in ihren Kompetenzen und Rechten stärkt und ihr Selbstbewusstsein fördert. Sie muss kontinuierlich wirken und in die Gesamterziehung von Elternhaus und Schule integriert werden (im schulischen Rahmen z. B. durch Lehrpläne, Spiralcurriculum, Vorbildfunktion, Schulprofil).
Aufbauend auf dem Fundament der präventiven Erziehungshaltung haben sich folgende Prinzipien als zentral für die Arbeit mit Kindern herausgestellt:
- Mein Körper gehört mir!
- Ich kann mich auf meine Gefühle verlassen und ihnen vertrauen!
- Es gibt gute, schlechte und komische Berührungen!
- Ich darf „Nein“ sagen!
- Es gibt gute und schlechte Geheimnisse
- Ich darf Hilfe holen und darüber sprechen, auch wenn es mir ausdrücklich verboten wurde!
- Kein Erwachsener hat das Recht, mir Angst zu machen!
Weitere wichtige Aspekte sollten Kinder vermittelt werden:
- Du bist nicht allein! Sexueller Missbrauch passiert vielen Kindern!
- Nicht nur Fremde, sondern auch Angehörige und Bekannte können Täter oder Täterin sein.
- Du hast niemals Schuld! Verantwortlich ist immer der/die Erwachsene!
Ferner sollte in der präventiven Arbeit sexueller Missbrauch klar und kindgerecht definiert werden, Geschlechtsrollenstereotype hinterfragt und ein respektvolles Geschlechterverhältnis angestrebt sowie Wege zu Hilfemaßnahmen und Schutz aufgezeigt werden.
Untersuchungen belegen, dass der Beginn sexueller Missbrauchshandlungen in der Biographie eines betroffenen Kindes mit 42% am häufigsten zwischen dem fünften bis zehnten Lebensjahr liegt (Finkelhor 1984; Bange 1992). Um eine möglichst frühe Aufklärung in dieser am meisten betroffenen Altersgruppe zu erreichen, richtet sich die Ausstellung an Kinder dieser Altersstufe.
Grundschulen sind besonders geeignet, den Schutz vor sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt zu verbessern und betroffenen Kindern frühzeitig Hilfen zu erschließen, da hier alle Kinder durch die bestehende Schulpflicht erreicht werden. Diese Tatsache ist gerade für vom Missbrauch betroffene Schüler_innen von besonderer Bedeutung, da ihnen häufig die Teilnahme an offenen Angeboten verweigert und sie bewusst isoliert werden. Betroffene Kinder besitzen in der Regel keine Kenntnis von Hilfsmöglichkeiten und verfügen nicht über die nötige Mobilität, diese zu erreichen.
Grundschulen sind die wichtigste Sozialisationsinstanz neben der Familie. Hier sollte nicht nur kognitives Wissen vermittelt, sondern der Lebens-, Lern- und Erfahrungsraum Schule frühzeitig genutzt und die sozialen und emotionalen Kompetenzen von Kindern gefördert werden.
Die Befürchtung, dass Kinder durch Prävention eine negative Einstellung zur Sexualität entwickeln, lässt sich entkräften, wenn Prävention auf der Basis einer umfassenden altersadäquaten Sexualerziehung stattfindet. Eine bejahende Einstellung zur Sexualität ermöglicht es Kindern, „Nein“ zu sagen, wenn Grenzen überschritten werden.
Die Ausstellung bietet den Kindern einen Erlebnisrahmen, in dem sie sich in altersgemäß ansprechender Art und Weise mit den Präventionsinhalten und den Themen „Sexuelle Grenzverletzung“ und „Sexueller Missbrauch“ auseinandersetzen können. Die Information erfolgt kindgemäß mit Hilfe geeigneter Präsentationsobjekte und Module. Da Informationen von Kindern dann am besten aufgenommen und verarbeitet werden, wenn sie sich auf wenige Inhalte beschränken, die auf möglichst vielfältige Weise vermittelt werden, wurde bei der Auswahl der Objekte darauf geachtet, dass klare Standards gesetzt und ein handlungsorientiertes Lernen, d.h. ein Lernen mit Kopf, Herz und Hand ermöglicht wird.
Es ist bekannt, dass Schüler_innen, die einmalig an Präventionsprogrammen teilnehmen, die Inhalte schnell wieder vergessen, wenn diese nicht wiederholt werden. Es soll daher mit unterschiedlichen Altergruppen präventiv im Sinne eines Spiralcurriculums gearbeitet und das Wissen der Kinder so vertieft und verankert werden. Um eine größtmögliche Nachhaltigkeit zu erzielen, erhalten die an der Ausstellung beteiligten Lehrkräfte begleitendes und weiterführendes Unterrichtsmaterial.
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Hochschule Merseburg